Die Geschichte hinter den Bildern:
Es begann in einem Keller eines Altbaus im Zentrum von Wien. Dort fällt mir der etwas runtergekommene Rumpf eines ferngesteuerten Segelboots auf. Also spreche ich den Portier darauf an, worauf mir der antwortet, es wäre Seines und ich könne es gern mitnehmen, weil er sowieso keine Verwendung mehr dafür hätte. Also besorge ich mir ein Segel, Servos, Fernbedienung usw und nach dem finalen optischen Aufputz ist das Ding einige Wochen später schließlich fahrbereit. Eine Zeitlang hat es auch richtig Freude bereitet und bei leichtem Wind war ich von den Fahreigenschaften richtig angetan.
Aber ich will auch bei Starkwind raus. Und dann kam doch ein wenig die Ernüchterung. Ein Modellsegelboot bekommt bei Windstärken, bei denen bei Wassersportlern der Spaß gerade mal anfängt schon eine hoffnungslos starke Schräglage. DiePhysik lässt sich einfach nicht austricksen. Die einfachste Lösung ist in dem Fall ein größeres Boot. Aber wie groß? Doppelt so groß – also 2m lang? Auch irgendwie blöd, weil schon bisserl unhandlich und ab 3 m könnte man vielleicht schon die Fernbedienung daheimlassen.
Nach ein paar Wochen Grübeln kam ich dann auf die Zahl 6. Ich weiß, 42 wäre kultiger gewesen, aber 6 m ist ja auch schon ganz ok. Dann machen wir noch einen Katamaran draus, dann sind wir genau genommen eh schon zusammengerechnet bei 12m Rumpflänge. Blieb noch die Frage nach dem Rigg offen. Ganz klassische Bermudatakelung oder doch mal was Anderes? Noch ein paar Wochen später war für mich die Sache klar, dass ich ein Krebsscherensegel haben will. Es ist verhältnismäßig einfach zu nähen, aber vor allem gilt es als eine Art Enigma. Bis jetzt gab es kaum Leute, die sich eingehender damit beschäftigt haben, abgesehen von C.Marchaj, einem polnischen Aerodynamiker, der dieser Art von Segel auf der Basis von Windkanaltests ein großes Potential nachsagt. Diverse Berichte im Internetz bestätigen das zumindest. Die, dies wirklich getestet haben waren in der Regel zumindest nicht enttäuscht. Schlechtgeredet wird es zwar auch dort und da, aber soweit ich feststellen konnte nur von klassischen Forumsschreibern, deren Meinung mir eigentlich egal ist, da irrelevant. Eine große Frage war aber noch der Montagepunkt des Segels. Schließlich muß ja der Segeldruckpunkt und der Lateralwiderstand mehr oder weniger auf selber Höhe sein. Das ist anhand von Plänen und Konstruktionsskizzen nur überschlagsmäßig ermittelbar. Jetzt könnte man natürlich anfangen, Rechenmodelle aufzustellen. Aber ohne einschlägige Erfahrung würde es sehr lange dauern, bis man die ersten halbwegs brauchbaren Ergebnisse bekommt. Also hab ich mir wieder mal ein physisches Modell gebaut. Diesmal aber so ganz auf die Schnelle und deswegen sollte ich noch nasse Füße bekommen. Nach nur ein paar Tagen bin ich zum Ziegelteich am Wienerberg gefahren, um es mal auszuprobieren. Leider haben die Pappelsperrholzrümpfe das Wasser des Teichs freudig aufgenommen und auch die Rudersteuerung war nach ein paar Bewegungen verklemmt. Also musste ich die Tests ohne Fernbedienung fortsetzen, was nur mit dem Wasser knapp bis zum Hals möglich war. Da sah ich gleich, dass mein Konzept extrem luvgierig war, sprich es hat sich immer sofort in den Wind gedreht. Einerseits war das lösbar, wenn man vorne noch einen Bugspriet dranmacht. Auf der anderen Seite war da immer noch die Frage der Feinjustierung offen. Und da ist sie wieder – die schwere Vorhersagbarkeit (Modellgesetze, Modellungenauigkeiten usw). Eigentlich war ich ja früher mal viel auf Windsurfbrettern unterwegs und da gibt es da Problem überhaupt nicht, weil man sich da das Segel immer dort hinkippt wo mans gerade braucht…. Also warum nicht auch auf einem Segelboot? Drum überlegte ich mir einen schwenkbaren Mast.
Die Rümpfe waren in einem Heustadel aus Styrodur schnell gebaut. Segel war auch relativ schnell genäht und dann fehlte noch der ganze schwenkbare Mast. Hab ich mir aus Stahlstangen und Gerüstschellen gebaut und wegen der Schwenkbarkeit wurde er ganz vorne am Bug montiert.
Irgendwann kam dann die erste Ausfahrt. Irgendwie ist es gefahren, aber es gab einfach viele Dinge, die unbedingt verbessert oder geändert gehörten:
Da war zunächst einmal die Rumpfform. Mein XPS-Wasserpanzer war ein extremer Knickspanter, Schwert wurde als Mittelschwert realisiert. Zwar hab ich mal im Fernsehen ein amerikanisches Kriegsschiff gesehen, das so eine ähnliche Form hatte, allerdings hat das amerikanische Dings einen Nuklearantrieb und in so einem Fall ist die Theorie mit der Rumpfgeschwindigkeit sowieso reine Theorie.
Die konstruktive Durchbildung hat auch unter dem krummen Heustadellehmboden sowie unter dem Zeitdruck gelitten. In Kombination mit etwas zu kleinen Steuerrudern bewirkte ein Einschlagen des Ruders zunächst mal eine radikale Geschwindigkeitsreduktion und so als kleine Nebenwirkung eine leichte Kurvenfahrt. Umgekehrt wäre vielleicht besser.
Der Schwenkmast hat zwar grundsätzlich funktioniert. Aber die Umsetzung mit Stahl an der Bugspitze bewirkte eine katastrophale Gewichtsverteilung. Je mehr Wind wehte, desto tiefer gruben sich die Rümpfe ins Wasser ein. Also änderte ich das Konzept- verstellbar ja, aber auf die Verstellbarkeit während der Fahrt musste ich zugunsten einem viel geringeren Gewicht dann doch verzichten.
Abgesehen davon wollte ich ein halbwegs transportables Schiff und da kam mir die Idee, die Rümpfe zu teilen. Relativ schnell kam mir die Idee, das Ganze wie eine russische Matrjoschka zu konstruieren, wo ein Teil in den anderen reinpasst. Ursprünglich hatte ich einen Transport auf einem Autodach im Sinn, das wäre sich dann aber doch nicht ganz ausgegangen und letztenendes ist es doch eine Anhängerversion geworden.
Da war noch die Frage nach dem Ort offen, wo ich das Ding bauen könnte. Möglichst nah bei der Wohnung sollte es sein und natürlich auch sonst alle Anforderungen erfüllen. Da kam ich relativ schnell auf „Maker Austria“. Also hab ich dort mal angefragt. Meine Erwartung war, dass die mich dann wieder heimschicken. Doch als ich Arno mein Vorhaben präsentierte reagierte er so, als hätte er gerade auf mich gewartet. Also konnte es losgehen.
Nach ein paar vorbereitenden Tätigkeiten baute ich mich einmal im „Big Project Room“ auf. Die Länge meiner Rümpfe war jetzt bei 5,50 m und recht viel größer wäre auch nicht gegangen. Etwas eng wars zwar aber unterm Strich hats funktioniert. Die Holzschale war relativ schnell gebaut, dann kam das Laminieren und schließlich der erste Knackpunkt, das Auseinanderschneiden in Einzelteile. Beim Schneiden ist an den Enden der Einzelkomponenten Einiges kaputt gegangen, was erst einmal wieder mühsam mit Harz und Glasfasergewebe repariert werden musste, was mindestens eine Woche gedauert hat. Nachdem die Rümpfe auseinandergeschnitten waren konnte es im Keller weitergehen. Dort wars zwar um 5° kühler als oben, aber die Luftfeuchtigkeit lag bei gefühlten 200%. Aber Hauptsache ich hatte Platz an dem ich weiterwerken konnte, ohne störend im Weg zu sein. Immerhin habe ich ja bis dato den Zugang zur Maslov-CNC-Fräse blockiert.
Schließlich kamen Ende September die ersten Tests des neuen Katamarans an einem Stausee in Polen. Am ersten Tag gleich einmal gar kein Wind. Aber es hat alles prima funktioniert. Ein paar Paddelschläge und das Boot war in Bewegung und bewegte sich auch weiter. Bei meinem Vormodell musste ich wie verrückt paddeln, bis sich irgendwas bewegte und kaum hörte ich auf stand alles sofort still. Auch die Manövrierbarkeit schien voll gewährleistet zu sein. Eine leichte Ruderbewegung und das Boot drehte sich schon, ohne merklich abzubremsen. Leider hatte ich eine Woche lang nur sehr wenig Wind. Von dem her stehen die ersten Versuche bei mehr segelaffinen Bedingungen noch aus. Aber die paar leichten Brisen, die es doch gab zeigten, dass es tatsächlich ein Segelboot ist und ich den aus Familientauglichkeitsgründen gekauften Elektromotor voraussichtlich nicht viel brauchen werde.